Forschungsbohrungen
Vortrag am Mittwoch, den 23. Mai 2012 um 14.00 Uhr in Raum 204/ Haus II
FRECHEN M. & TEAM GARDING Forschungsbohrung Garding 2011 – das Quartär in Norddeutschland
Der Gardinger Tertiärtrog auf der Eiderstedter Halbinsel in Schleswig-Holstein beinhaltet ein terrestrisches Sedimentarchiv, welches von besonderer Bedeutung für die stratigraphische Korrelation sowie die paläoklimatische Rekonstruktion des Plio-/Pleistozäns in Nord- und Mitteleuropa ist. Die Beckenentwicklung steht in direktem Zusammenhang mit der Randsynklinale des Salzdiapirs Oldenswort. Für den Gardinger Tertiärtrog werden die höchsten Subsidenzraten des Norddeutschen Beckens vermutet, somit ist hier einer der kontinuierlichsten känozoischen Sedimentsukzessionen in Superposition wahrscheinlich. Die Bohrung lieferte sehr gute Kernqualität von 239 m Länge und verfügt über viele vermutlich vollständige, vor allem sehr gut erhaltene frühpleistozäne warmzeitliche Abfolgen, die palynologisch zur Rekonstruktion der Landschafts- und Vegetationsgeschichte detailliert untersucht werden.
Das Ziel der vom LIAG finanzierten Forschungsbohrung ist neue Erkenntnisse über die geologische Entwicklung des Gardinger Tertiärtroges sowie der Entwicklung des Paläoklimas und der –umwelt für das Quartär zu erlangen. Die multidisziplinäre Forschungsansatz beinhaltet u.a. Methoden der angewandten Geophysik (Seismik, Bohrloch-Geophysik, Gesteinsmagnetik u.a.), der Geologie, Sedimentologie, Geochronologie (Optisch Stimulierte Lumineszenz, 14C und 230Th/U) und Palynologie. Derzeit wird das Kernmaterial von zwei Doktorandinnen sedimentologisch (Uni Mainz) und chronologisch (LIAG) bearbeitet sowie vom LANU sedimentpetrographisch untersucht. Ab September 2012 wird eine weitere Dokorandin mit der palynologischen (Uni Lüneburg) Aufarbeitung der warmzeitlichen Abfolgen beginnen. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Korrelation der alpinen und nordeuropäischen Interglazial- und Glazialzeiten, kombiniert mit den Ergebnissen der LIAG-Forschungsbohrungen „Heidelberger Becken“ und „Rodderberg“ sowie den bereits vorliegenden Ergebnissen aus den Braunkohle-Tagebauaufschlüssen der Niederrheinischen Bucht.
Der Vortrag vermittelt einen Überblick über die vorläufigen Ergebnisse und den Stand des Garding-Projektes.
GABRIEL, G. (LIAG, Sektion 1, Seismik und Potenzialverfahren) & Team Heidelberg: Lockergesteinsbohrungen im Heidelberger Becken – das Quartär im nördlichen Oberrheingraben
Basierend auf neuen Kernbohrungen an insgesamt drei verschiedenen Lokationen führt das LIAG gemeinsam mit Geologischen Diensten und Universitäten interdisziplinäre Untersuchungen im Heidelberger Becken durch. Diese zielen auf die Entwicklung eines stratigraphischen Referenzprofils für diese Region nördlich der Alpen, die Entschlüsselung der räumlich-zeitlichen Entwicklung des Beckens und die Rekonstruktion der quartären Klima- und Umweltbedingungen. Große Quartärmächtigkeiten von mehr als 500 m sowie eine vergleichsweise kontinuierliche Sedimentation bieten dafür ideale Voraussetzungen, wohingegen sich in den verschiedenen Bohrkernen das komplexe fluviatile Sedimentationsmilieu abbildet.
Basierend auf komplementären Kernuntersuchungen konnte eine neue lithostratigraphische Gliederung für das Plio-/Pleistozän im nördlichen Oberrheingraben erarbeitet werden. Zugleich deutet sich an, dass sich die Quartärbasis an den drei Lokationen nicht einheitlich abbildet und für deren Festlegung häufig genutzte Proxies eventuell neu bewertet werden müssen. Die gemeinsame Nutzung von Industrieseismik und eigenen Messungen zeigt allerdings auch, dass die Beckenentwicklung räumlich variabel verlief, und sich das Depozentrum mit der Zeit nach Norden verschoben hat.
Der Vortrag vermittelt einen Überblick über den Stand des Projektes, diskutiert wesentliche Ergebnisse und erörtert offene Fragestellungen.
Lockergesteinsbohrungen im Heidelberger Becken – das Quartär im nördlichen Oberrheingraben
Quelle: LIAG