BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

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Italien: BGR registriert Erdbeben der Stärke 6.2

REGION: Mittelitalien
DATUM: 24.08.2016
HERDZEIT: 01:36:32 UTC
BREITE: 42.71 N
LÄNGE: 13.22 E
TIEFE: 4 km
MAGNITUDE: Mw = 6.2 (EMSC)

Letzte Modifikation: 25. August 2016 16:00 MEZ

Am 24. August 2016 ereignete sich um 01:36 UTC (03:36 MESZ) ein Erdbeben der Magnitude 6,2 im Nordosten der mittelitalienischen Region Latium, etwa 110 km nordöstlich von Rom (siehe Abbildung 1). Betroffen sind unter anderem die Orte Pescara del Tronto, Accumoli und Amatrice, aus denen von starken Zerstörungen, Toten und Verletzten berichtet wird.

Abbildung 1: Epizentrum des Erdbebens vom 24.08.2016 in MittelitalienAbbildung 1: Epizentrum des Erdbebens vom 24.08.2016 in Mittelitalien


Italien liegt in einer tektonisch sehr komplexen Zone, die einerseits von der nordwärts gerichteten Bewegung der afrikanischen Kontinentalplatte gegen die eurasische Platte geprägt ist. Andererseits schiebt sich im Osten die adriatische Mikroplatte unter die Apenninen-Halbinsel.Im Westen liegt zudem das tyrrhenische Meer, das seit seiner Entstehung vor mehreren Millionen Jahren auch heute noch für Spannungen in der Erdkruste Italiens sorgt. Die Hebung des Apennin-Gebirgszuges ist u.a. die Folge der tektonischen Spannungen, die in Italien immer wieder zu Erdbeben führen. Das letzte starke Erdbeben mit etwa 300 Todesopfern und verheerenden Schäden ereignete sich am 6.April 2009 in L'Aquila, etwa 43 km südlich vom Ort des aktuellen Erdbebens.

Das Erdbeben wurde von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) an Erdbebenstationen in ganz Deutschland registriert. Das Seismogrammbeispiel der Erdbebenmessstation GEC2 im Bayerischen Wald in der Abbildung 2 zeigt die Ankunft der primären Raumwellen etwa 1,5 Minuten nach der Herdzeit, sowie die Oberflächenwellen mit den stärkeren Amplituden von etwa 0,25 mm/s nach 3-4 Minuten.

Abbildung 2: Seismogramm der Erdbebenmessstation GEC2 im Bayerischen Wald Abbildung 2: Seismogramm der Erdbebenmessstation GEC2 im Bayerischen Wald


In den ersten 36 Stunden nach dem Hauptbeben wurden mehr als 230 Nachbeben mit Magnituden über 2,0 registriert. 6 Nachbeben erreichten eine Magnitude von 4.5 und darüber.In Abbildung 3 ist die zeitliche Abfolge der Nachbeben mit ihren jeweiligen Magnituden dargestellt. Die Nachbebentätigkeit nimmt mit der Zeit und der Stärke tendenziell ab. Trotzdem treten auch immer wieder stärkere Nachbeben im Epizentralgebiet auf.

Abbildung 3: Nachbebentätigkeit in den ersten 36 Stunden nach dem Hauptbeben am 24.08.2016 um 01:36 (UTC)Abbildung 3: Nachbebentätigkeit in den ersten 36 Stunden nach dem Hauptbeben am 24.08.2016 um 01:36 (UTC)



Weitere starke Nachbeben bis Magnitude 6,5 in Mittelitalien

REGION: Mittelitalien
DATUM: 26.10.2016
HERDZEIT: 19:18:05 UTC
BREITE: 42.91 N
LÄNGE: 13.13 E
TIEFE: 8 km
MAGNITUDE: Mw = 5.9 (INGV)

REGION: Mittelitalien
DATUM: 30.10.2016
HERDZEIT: 06:40:17 UTC
BREITE: 42.84 N
LÄNGE: 13.11 E
TIEFE: 9 km
MAGNITUDE: Mw = 6.5 (INGV)

Am 26. Oktober 2016 um 19:18 (UTC) (21:18 Ortszeit Italien) und am 30. Oktober 2016 um 06:40 (UTC) (07:40 Ortszeit Italien) ereigneten sich zwei starke Nachbeben der Magnitude 5,9 (INGV) bzw. 6,5 (INGV) etwa 20 bzw. 25 Kilometer nordwestlich des Bebens vom 24. August 2016. Die flachen Erdbebenherde in einer Tiefe von ca. 10 km haben zu starken Erschütterungen an der Erdoberfläche geführt. Nach Medienberichten sind auch bei den neuerlichen Beben zahlreiche Gebäude zerstört worden. Es wird von Verletzten und von zahlreichen Obdachlosen berichtet.

Die drei Epizentren von August und Oktober liegen zwischen den katastrophalen Erdbeben bei L'Aquila 2009 im Süden und einer Erdbebenserie 1997 im Norden der aktuellen Seismizität. In diesem Gebiet, einer sogenannten "seismischen Lücke", sind die tektonischen Spannungen nicht durch frühere Erdbeben vermindert worden. Sie haben sich seit August in der kurzzeitigen Abfolge mehrerer Erdbeben ähnlicher Stärke abgebaut.

Bei dem Hauptbeben am 26.August 2016 wurde eine Bruchfläche aktiviert, die zu großflächigen Spannungsänderungen im Untergrund geführt hat. Die Größe der Bruchfläche kann über die Verteilung der Nachbeben abgeschätzt werden. Die damalige Bruchfläche erstreckte sich ausgehend vom Epizentrum des Hauptbebens in südliche und nördliche bzw. nordwestliche Richtungen insgesamt über etwa 40 km. Das Epizentrum markiert also nur den Ausgangspunkt eines sehr viel ausgedehnteren Bruchvorgangs. Die Epizentren der starken Nachbeben am 26. und 30. Oktober liegen am nördlichen bzw. nordwestlichen Rand der zuvor aktivierten Bruchfläche.

Abbildung 4: Erdbeben in Mittelitalien seit 1973. Die größten Schadenbeben der letzten 20 Jahre sind rot hervorgehoben. Farblich markiert sind auch die Nachbebenserien der aktuellen Beben vom 24.8.2016 (gelb) und vom 26./30.10.2016 (orange) Abbildung 4: Erdbeben in Mittelitalien seit 1973. Die größten Schadenbeben der letzten 20 Jahre sind rot hervorgehoben. Farblich markiert sind auch die Nachbebenserien der aktuellen Beben vom 24.8.2016 (gelb) und vom 26./30.10.2016 (orange) Quelle: BGR

Während des Hauptbebens am 26. August kam es auf der ausgedehnten Bruchfläche zu Verschiebungen von mehreren Dezimetern. Dadurch wurden die tektonischen Spannungen auf der Bruchfläche entladen. Die Verschiebung erfolgte aber nicht überall gleichmäßig. Auf Rauhigkeiten auf der Bruchfläche wurden auch Spannungen aufgebaut. Diese entladen sich in der Folgezeit in einer Vielzahl von Nachbeben. Durch das Hauptbeben können vor allem auch an den Rändern der Bruchfläche Spannungen aufgebaut werden, so dass die Gefährdung für ein neuerliches Beben in den angrenzenden Gebieten nach dem Beben signifikant erhöht sein kann. Wie die Erdbeben dieser seit Ende August andauernden Serie genau miteinander zusammenhängen, lässt sich erst im Nachhinein verstehen, indem die einzelnen Bruchflächen identifiziert werden und indem berechnet wird, in welchen Gebieten Spannungen ab- bzw. aufgebaut wurden. Zu den detaillierten Auswertungen, die für ein genaues Verständnis nötig sind, gehört es zum Beispiel, die Lage der Epizentren der Nachbeben relativ zueinander und damit genauer zu bestimmen oder die Größe der Bruchflächen und der Verschiebungen für die stärksten Beben aus den Seismogrammen abzuleiten.



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