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Induzierte Seismizität im Bereich der Erdgasfelder in Norddeutschland - Beobachtungen, Messungen und Analysen

Land / Region: Norddeutschland

Projektstand: 31.01.2017

Norddeutschland ist eine Region mit geringer bis moderater seismischer Aktivität. Neben einigen wenigen tektonischen Ereignissen haben sich in den letzten Jahrzehnten aber immer wieder Erdbeben im Umfeld der in Norddeutschland aktiven Erdgasfelder ereignet. Aufgrund der räumlichen Korrelation zu den bekannten Erdgasfeldern und ihres zeitlichen Auftretens nach Beginn der Förderung sowie Herdtiefen im Bereich der Förderhorizonte, werden diese Ereignisse von der BGR als induzierte Ereignisse eingestuft.
Insgesamt konnten seit 1976 bisher 76 induzierte Ereignisse mit Magnituden zwischen 0,5 und 4,5 detektiert und lokalisiert werden. Einige von ihnen wurden von Teilen der Bevölkerung verspürt. 6 Ereignisse hatten eine Magnitude größer 3. Mit Abstand am stärksten war das Erdbeben bei Rotenburg am 20.10.2004 mit einer Magnitude von 4,5, das bis ins 70km entfernte Hamburg gespürt wurde.

Abb.1 Epizentren der Erdbeben (Kreise) im Bereich der Erdgasfelder in Norddeutschland sowie Lage der aktiven Erdgasfelder (blau)Abb.1 Epizentren der Erdbeben (Kreise) im Bereich der Erdgasfelder in Norddeutschland sowie Lage der aktiven Erdgasfelder (blau) Quelle: BGR

Die Ereignisse fanden zu einem großen Teil im Randbereich der Erdgasfelder statt, in den letzten Jahren bevorzugt im Bereich Völkersen und Cloppenburg. Hier wurden in den letzten Jahren von der BGR zahlreiche neue seismische Stationen errichtet, die die Bodenbewegung aufzeichnen und der besseren Lokalisierung dienen. Aufgrund der mächtigen Sedimentschichten in Norddeutschland sind die Standortbedingungen zum überwiegenden Teil leider nur mäßig. Trotz der Verdichtung des Stationsnetzes und einem modifizierten und weiter ausgebauten Stationsnetz der Industrie konnte bisher nur eine vergleichsweise geringe Anzahl von Ereignissen mit Magnituden kleiner als 2 detektiert und lokalisiert werden. Auch für die Ereignisse mit den größeren Magnituden konnten nur eine sehr kleine Anzahl von Nachbeben beobachtete werden. Unklar ist somit, ob sich die induzierten Ereignisse im Bereich der Erdgasfelder in Norddeutschland von Natur aus durch eine geringe Anzahl von „kleinen“ Beben auszeichnen und sich damit von tektonischen Erdbebensequenzen unterscheiden, oder ob die Ereignisse bisher lediglich nicht aufgespürt werden konnten. Eine vollständige Detektion und Auswertung von Beben zu möglichst geringen Magnituden ist von großem Interesse, da über die Magnituden-Häufigkeitsbeziehung eine Abschätzung über die Wahrscheinlichkeit von großen Beben vorgenommen werden kann.

Weiterhin wurde beobachtet, dass nur ein gewisser Teil der Erdgasfelder Seismizität aufweist. Der Vergleich zwischen Förderbeginn in einem Erdgasfeld und dem zeitlichen Einsetzen der Seismizität zeigt eine Verzögerung der seismischen Antwort von im Mittel 15-20 Jahren. Die genaue Ursache für das Auftreten der Erdbeben ist noch nicht vollständig verstanden. Anzunehmen ist, dass es durch die Förderung und die damit verbunden Druckabsenkung im Reservoir zu Kompaktion und im Umfeld zu Subsidenz kommt. Dies wiederum führt zu Spannungsänderungen im Untergrund, die bevorzugt an Störungszonen zum Versagen in Form von Erdbeben führen. Ein Zusammenhang zwischen den bekannten Erdbeben mit den bis zum Jahr 2011 durchgeführten Stimulationsmaßnahmen (Fracking) kann nach den von uns durchgeführten Analysen auf der zurzeit bekannten Datenbasis ausgeschlossen werden. Die für die Erdbeben berechneten Herdmechanismen zeigen vorwiegend Abschiebungen an im Mittel NW-SO gerichteten Flächen und damit eine relativ gute Übereinstimmung mit den bevorzugten Streichrichtungen in der Region.

Die für die Zukunft beabsichtigten Untersuchungsschwerpunkte werden dahin gehen, eine verbesserte Detektion von kleinen Erdbeben zu erzielen. Hierzu werden wir Stationen auf solidem Untergrund (Festgestein) in den im Süden angrenzenden Mittelgebirgszügen errichten. Weiterhin möchten wir Modellierungsverfahren einsetzen, um die Spannungsumlagerungen quantifizieren zu können und somit ein besseres Verständnis der Ursachen der Beben zu erlangen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine verbesserte Analyse der Auswirkungen an der Erdoberfläche: Makroseismische Erhebungen sollen automatisch ausgewertet werden, um die Maximalintensität zu bestimmen. Über eine Kombination der makroseismischen Beobachtungen mit den an seismischen Stationen gemessenen Bodenschwinggeschwindigkeiten gilt es Einwirkungsbereiche festzulegen, die der Gesetzgeber nach der Modifikation des Bergrechts einfordert.

Seit Einrichtung des Niedersächsischen Erdbebendienstes im Jahr 2013 arbeitet die BGR eng mit dem Erdbebendienst zusammen. Im Falle eines signifikanten Erdbebens im Bereich der Erdgasfelder wird dieses Ereignis gemeinsam ausgewertet und die Ergebnisse in Form eines Kurzberichts veröffentlicht und auch auf Bürgerversammlungen vorgestellt. Die Untersuchungen der BGR zu den Ereignissen im Bereich der Erdgasfelder in Norddeutschland im vergangenen Jahrzehnt sowie in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Erdbebendienst haben dazu geführt, dass für den Großteil der Ereignisse ein sehr wahrscheinlicher Zusammenhang mit der Erdgasförderung angegeben werden kann und dies auch von der Industrie akzeptiert wird.

Literatur:

Berichte zu den rezenten Erdbeben könnten unter folgenden Links des NED heruntergeladen werden:

Bericht: Erdbeben bei Völkersen (Landkreis Verden) am 22.04.2016
Bericht: Erdbeben bei Emstek (Landkreis Cloppenburg) am 19.12.2014
Bericht: Erdbeben bei Syke (Landkreis Diepholz) am 01.05.2014
Bericht: Erdbeben bei Völkersen (Landkreis Verden) am 22.11.2012

Partner:

Niedersächsischer Erdbebendienst NED

Kontakt 1:

    
Dr. Thomas Plenefisch
Tel.: +49 (0)511-643-3869
Fax: +49 (0)511-643-3663

Kontakt 2:

    
Nicolai Gestermann
Tel.: +49-(0)511-643-3156
Fax: +49-(0)511-643-3663

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