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Transienten-Elektromagnetik (TEM)

TEM Messungen zur Grundwassererkundung über der Cuxhavener RinneTEM Messungen zur Grundwassererkundung über der Cuxhavener Rinne Quelle: BGR

Methode

Die Methode der Transienten-Elektromagnetik (TEM) wurde in der Erzexploration entwickelt, um die elektrischen Leitfähigkeiten des Untergrundes bis zu mehreren Hundert Metern Tiefe zu bestimmen. Inzwischen sind neuere Entwicklungen darauf ausgerichtet, auch Flacherkundungen von einigen Metern Tiefe mit dieser Methode durchführen zu können. TEM wird in der Erzexploration, bei hydrogeologischen, umweltrelevanten und geothermischen Untersuchungen erfolgreich angewandt.

Bei der TEM handelt es sich um eine aktive, d.h. ein künstliches Signal verwendende, elektromagnetische Messmethode im Zeitbereich - im Gegensatz zu Frequenzverfahren, die mit periodischer Anregung arbeiten und entweder künstliche oder natürliche Quellsignale benutzen. Durch die Abfolge verschiedener Induktionsprozesse, die weiter unten beschrieben werden, wird letztlich eine mit der Zeit abklingende Spannung (die Abklingspannung bzw. der Transient) gemessen, die in ihrem Verlauf die Eigenschaften der Widerstandsverteilung im Untergrund widerspiegelt.

Es werden zwei Sendertypen unterschieden:

Horizontaler elektrischer Dipol: Bei der galvanischen Ankopplung wird ein konstanter Sendestrom über zwei Elektroden in den Boden eingespeist. Er erzeugt ein elektrisches Feld im Untergrund, wobei die elektrischen Horizontalkomponenten Ex und Ey direkt als Spannung zwischen zwei Elektroden gemessen werden. Solch ein Sender wird z.B. bei der LOTEM-Methode (Long-Offset Transienten ElektroMagnetik) benutzt.


Vertikaler magnetischer Dipol: Im Fall der induktiven Ankopplung fließt in einer großen horizontalen Sendespule, welche in verschiedenen Größen auf der Erdoberfläche ausliegen kann, ein konstanter Gleichstrom. Dieser induziert ein zeitlich konstantes Magnetfeld im Untergrund, welches näherungsweise die Geometrie eines vertikalen magnetischen Dipols besitzt.

Diese Konfiguration wird meistens in der Praxis als Standardmethode verwendet. Im folgenden wird das Prinzip dieser Methode erläutert:

Der konstante Sendestrom wird möglichst abrupt ausgeschaltet und bewirkt das Zusammenbrechen des konstanten primären Magnetfeldes, welches dadurch nach den Maxwellschen Gleichungen Wirbelströme im leitfähigen Untergrund induziert. Deren Ausbreitung (genannt Diffusion) wird durch die Leitfähigkeitsverteilung im Untergrund bestimmt. Aufgrund Ohmscher Verluste zerfällt dieses Stromsystem, was wiederum ein sekundäres Magnetfeld produziert, welches ebenfalls abklingt. Diese Änderung induziert eine abklingende Spannung in der Empfangsspule an der Erdoberfläche. Sie ist der zeitlichen Änderung der Vertikalkomponente Hz des sekundären Magnetfeldes proportional und kann über eine Zeitspanne, die vom Mikrosekunden- bis Millisekundenbereich reicht, gemessen werden. Dieses sogenannte Zeitfenster ist geräteabhängig und variiert von Anwendung zu Anwendung. Die resultierende Erkundungstiefe hängt theoretisch nur von der Dauer des aufgezeichneten Transienten und dem Umgebungsrauschen ab. Man erhält auf diese Weise eine Tiefensondierung. Durch die zeitliche Trennung des schwachen sekundären Feldes und des starken Primärfeldes ist das Messsystem weniger abstandsempfindlich und ermöglicht eine hohe Messgenauigkeit.

In einem homogenen oder horizontal geschichteten Untergrund verlaufen die induzierten Wirbelströme aufgrund des starken Leitfähigkeitskontrastes an der Grenze zwischen Luft und Erde nur horizontal. Sie breiten sich mit der Zeit radial aus.In einem homogenen oder horizontal geschichteten Untergrund verlaufen die induzierten Wirbelströme aufgrund des starken Leitfähigkeitskontrastes an der Grenze zwischen Luft und Erde nur horizontal. Sie breiten sich mit der Zeit radial aus. Quelle: Nabighian und Macnae [1991]

Neben der zeitlichen Änderung der Hz-Komponente als wichtigste Messgröße können auch die Änderungen der Horizontalkomponenten Hx und Hy gemessen werden.

Aus der Abklingkurve kann man einen scheinbaren spezifischen Widerstand und auch eine scheinbare Tiefe für jeden Zeitpunkt berechnen. Je später man nach dem Abschalten des Stromes misst, umso tiefer ist das Stromsystem eingedrungen. Der spezische Widerstand ist dabei der reziproke Wert der elektrischen Leitfähigkeit und wird gleichwertig verwendet.

Der Prozess des Abschaltens des Sendestroms und Messens der Abklingspannung in dem Zeitfenster, in dem kein Primärfeld vorhanden ist, wird vielfach, auch umgepolt, in einem Messvorgang wiederholt (t0 bis t1). Die Empfangsspule nimmt dabei je nach Messaufbau verschiedene Positionen ein. Bei der Standardmethode liegt sie horizontal auf der Erdoberfläche und befindet sich in einer definierten Lage und in einem bestimmten Abstand zur Sendespule.

Die Ausbreitung des Wirbelstromsystems soll in der animierten Abbildung veranschaulicht werden. Dabei werden für verschiedene Zeitpunkte nach Abschalten des Sendestroms die Isolinien der Stromdichte des im Untergrund induzierten Stromsystems dargestellt. Das Beispiel wurde für einen Untergrund mit einem spezifischen Widerstand von 30 Ωm und für eine Sendespule von 100 m Durchmesser gerechnet.

Messaufbau im Feld

Messaufbau mit der "central loop" KonfigurationMessaufbau mit der "central loop" Konfiguration Quelle: BGR

Im GEOZENTRUM stehen mehrere Meßapparaturen zur Verfügung:

  • GEONICS PROTEM mit dem Sender TEM47
  • ZONGE GDP32 mit Sender NT-20
  • MONEX GeoScope terraTEM24
  • SIROTEM Mark III
  • AEMR TEM-Fast

Der obere Teil der Abbildung links zeigt den zeitlichen Verlauf des Sendestroms und darunter die in der Empfangsspule induzierte gemessene Spannung (den Transienten). Die Zeitfenster, in denen die Spannungen aufgezeichnet werden, sind grün markiert.

Das Bild darunter veranschaulicht einen typischen Aufbau im Gelände.

Häufig benutzte Konfigurationen des Messaufbaus:

Central Loop

(auch Inloop), bei der die Empfangsspule in der Mitte der Sendespule platziert wird, ist dargestellt. Es wird mit einem vertikalen magnetischen Dipol gesendet, der hier mit Hilfe einer horizontalen, rechteckigen Sendespule, z.B. 100 x 100 m, erzeugt wird. Aufgrund der großen Dynamik der in der Empfangsspule registrierten Abklingspannung wird in verschiedenen Zeitbereichen mit unterschiedlicher Verstärkung gemessen (je kleiner das Signal wird, umso höher kann verstärkt werden).

Single Loop

wobei die gleiche Drahtspule sowohl zum Senden als auch zum Empfangen benutz wird (dies ist möglich, da die beiden Prozesse zeitlich getrennt sind).

Separate Loop

wobei die Empfangsspule ausserhalb der Sendespule in einem bestimmten Abstand aufgebaut wird.

Coincident Loop

bei der die Sende- und die Empfangsspule parallel zueinander verlaufen, aber unterschiedliche Drahtschleifen benutzen.

Messergebnisse

Messgrösse ist die in der Empfangsspule durch das zeitlich veränderliche sekundäre Magnetfeld induzierte Spannung als Funktion der Zeit nach dem Abschalten des Primärpulses. Die Umrechnung in die anschaulichere Grösse des scheinbaren spezifischen Widerstandes ist möglich. Diese Größen werden auf konventionelle Weise doppelt-logarithmisch dargestellt, wobei mit den Spulenmomenten und der Stärke des Sendestroms normiert wird.

In dem Meß-Beispiel rechts sieht man den großen Dynamikumfang der Meßspannung (blau) von etwa sechs Dekaden. Deutlich ändert sich die Steigung der Kurve zwischen 10-4 und 10-3 sec. Beim scheinbaren Widerstand (rot) zeigt sich zunächst ein Anstieg von etwa 100 auf knapp 500 Ωm und dann ein Abfall bis etwa 50 Ωm, der aber offensichtlich noch weiter nach unten führen würde, wenn spätere Zeiten erfaßt worden wären; man sieht also einen guten Leiter an der Oberfläche, darunter einen schlechteren und dann wieder einen guten Leiter. Aufgrund der Meßdaten selbst kann man nur qualitative Aussagen machen. Eine Abschätzung der Tiefe, in welcher sich Änderungen abspielen, ist kaum möglich. Für eine Quantifizierung müssen Modellrechnungen durchgeführt werden.

Interpretation

Die quantitative Auswertung der Daten erfolgt meistens mittels eindimensionaler Modelle; diese bestehen aus horizontalen, unendlich ausgedehnten, homogenen Schichten, von denen jede einen anderen Widerstand besitzt. Die Anpassung von Messwerten und Modellantwort wird heute meistens mit Inversionsverfahren durchgeführt.

Die oben gezeigte Sondierungskurve kann gut mit dem rechts gezeichneten, einfachen Drei-Schicht-Modell erklärt werden: eine dünne, wenige Meter mächtige Deckschicht mit etwa 8 Ωm über einer dicken, mit 1000 Ωm schlecht leitenden Schicht und darunter ab 300 m wieder ein guter Leiter mit wieder etwa 8 Ωm. In der Graphik rechts außen ist das Modell dargestellt: der wahre Schichtwiderstand logarithmisch nach rechts und die Tiefe linear nach unten. An den Stellen, an denen sich der Widerstand sprunghaft ändert (horizontale Linien), liegt eine Schichtgrenze.

Das Beispiel wurde in Süd-Chile gemessen und bestätigt einen Heiß-Wasser-Aquifer unter einer 300 m mächtigen Lage vulkanischen Gesteins.

Anwendungen

Anwendungen der TEM liegen insbesondere im Bereich der Grundwasser-, Geothermie- und Deponie-Erkundung, in der Mineralexploration und werden in der Detektion von brennenden Kohleflözen eingesetzt (Bild rechts). Fallbeispiele aus der Praxis können bei den Projekten aufgerufen werden.

Projekte

Literatur

Greinwald, S. & Schaumann, G., 1997: Transientelektromagnetik, in: Knödel, K., Krummel, H. & Lange, G.: Handbuch zur Erkundung des Untergrundes von Deponien und Altlasten, Band III: Geophysik. Berlin, Heidelberg (Springer).

Nabighian, M.N. & Macnae, J.C., 1991: Time Domain Electromagnetic Prospecting Methods, in: Nabighian, M.N., Electromagnetic Methods in Applied Geophysics - Application, Part A, Vol. 2, Society of Exploration Geophysicists, Tulsa, Oklahoma.


Kontakt 1:

    
Dr. Ursula Noell
Tel.: +49-(0)511-643-3489
Fax: +49-(0)511-643-3662

Kontakt 2:

    
Dr. Annika Steuer
Tel.: +49 (0)511-643-2148
Fax: +49 (0)511-643-2304

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