BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Seemagnetometer

Das Gradientenmagnetometer im Einsatz Das Gradientenmagnetometer im Einsatz Quelle: BGR

Die Seemagnetik hat bei der Erforschung des Untergrundes der Meere eine wichtige Rolle gespielt und gehört zum Standardprogramm der Seegeophysik. Magnetische Messungen auf See werden im Allgemeinen mit Protonenmagnetometern durchgeführt, die an einem Kabel hinter dem Schiff geschleppt werden. Sie messen die Totalintensität des Magnetfeldes, aus der durch den Abzug eines Referenzfeldes die so genannten Anomalien berechnet werden.

Von der BGR werden auch methodische Entwicklungen verfolgt und angewendet. Dazu zählt der Einsatz eines Gradientenmagnetometers, mit dem die in der Seemagnetik als störend empfundenen zeitlichen magnetischen Variationen unterdrückt werden können.

Bei magnetischen Landmessungen und aeromagnetischen Vermessungen werden in der Nähe des Messgebiets Basisstationen aufgebaut, deren Registrierungen zur Reduktion der zeitlichen Veränderungen des Magnetfeldes dienen. Seemagnetische Messungen haben das Problem, dass solche Referenzstationen zur Bestimmung der erdmagnetischen Variationen meistens nicht zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit konnten wir bei einigen Messfahrten eigene Landstationen auf nahe gelegenen Inseln oder an Küsten betreiben. Permanent operierende magnetische Observatorien sind oft zu weit von unseren Messgebieten entfernt, um noch sinnvoll bei der Reduktion der Schiffsmessungen verwendet werden zu können.

Das Magnetometersystem mit Kabelwinde vor dem Einsatz an Land Das Magnetometersystem mit Kabelwinde vor dem Einsatz an Land Quelle: BGR

Um trotz solcher Schwierigkeiten variationsfreie magnetische Daten zu erhalten, benutzt die BGR ein "Gradientenmagnetometer". Das System (SeaSPY der kandischen Fa. Marine Magnetics) besteht aus zwei Protonenmagnetometern (als Front- und Rear-Sensor bezeichnet), die nach dem Overhauser-Prinzip arbeiten und etwa 600 m hinter dem Schiff mit einem gegenseitigen Abstand von 150 m hintereinander geschleppt werden. Beide Sensoren messen die Totalintensität des Erdmagnetfeldes exakt gleichzeitig. Die Differenz dieser beiden Werte ist dann frei von zeitlichen Variationen des Erdmagnetfeldes und man kann so räumliche Differentialquotienten bzw. Näherungswerte für den Gradienten des Magnetfeldes entlang der Profile berechnen. Durch die Aufsummierung der Differenzen, bzw. die Integration der Gradientenkurve, sollte dann die variationsfreie magnetische Anomalie (bis auf einen konstanten Betrag) wieder rekonstruiert werden können.

Die Durchführung dieser Integration ist allerdings nicht ganz problemlos, da sie auf verschiedene Arten von Messfehlern sehr empfindlich reagiert. So ist z.B. ein konstanter Offset zwischen den Anzeigewerten der beiden Sonden praktisch nicht zu vermeiden. Er führt bei der Integration zu einem linearen Fehler in der rekonstruierten Anomalienkurve entlang des Profils, der schwer von einer evtl. vorhandenen echten linearen Komponente zu unterscheiden ist. In diesem Zusammenhang sind auch die remanenten, viskosen und induzierten Komponenten der Magnetisierung des Schiffs sehr viel kritischer zu betrachten als bei normalen magnetischen Messungen mit Schiffen. Da die beiden Sensoren verschiedene Abstände vom Schiff haben, ergäbe sich eine weitere, störende Differenz, die vom Kurs und wegen viskoser magnetischer Eigenschaften des Schiffes auch noch zeitabhängig wäre. Diese langperiodischen Effekte könnten kaum in der erforderlichen Genauigkeit mathematisch modelliert werden und würden bei der Integration des Gradienten starke Störungen verursachen. Um dies zu vermeiden, werden die Sonden von uns bedeutend weiter als bei normalen seemagnetischen Vermessungen hinter dem Schiff geschleppt.

Trotz aller Vorkehrungen sind Fehler im langperiodischen Bereich nicht zu vermeiden, während kurzperiodische Variationen mit dem Verfahren sehr erfolgreich beseitigt werden können. Der Grund für die verbleibenden Fehler dürfte in einer schwachen, zeitlich veränderlichen Eigenmagnetisierung der Sonden liegen. Die Verwendung von (auch weiter entfernten) Basisstationen, wie z.B. magnetischen Observatorien, ist deshalb zur Beseitigung der langperiodischen Variationen wann immer möglich anzustreben.

Die Verarbeitung der magnetischen Messdaten beinhaltet im wesentlichen zwei oder drei Schritte, je nach dem ob mit einer Gradiometerkonfiguration oder nur mit einer Sonde gemessen wurde sowie abhängig davon, ob Daten einer Referenzstation vorliegen oder nicht:

  • Weil das BGR-Magnetometer an einem langen Kabel eingesetzt wird, ist der magnetische Einfluss des Schiffes praktisch bedeutungslos und braucht nicht korrigiert zu werden. Der erste Schritt der Datenverarbeitung ist dann der Abzug des dem jeweiligen Messzeitraum entsprechenden Internationalen Geomagnetischen Referenzfeldes (IGRF). Derzeit wird das sog. IGRF 2000 verwendet. Dieses Modell besteht aus den Koeffizienten einer Kugelfunktionsentwicklung für das Erdmagnetfeld des Jahres 2000 sowie den entsprechenden Koeffizienten für die voraussichtlichen Änderungen des Feldes innerhalb der nächsten Jahre. Nach dem Abzug dieses Feldes von der Totalintensität erhält man getrennt für beide Sonden des Gradiometers die Anomalien des Magnetfeldes, die in diesem Stadium noch durch magnetische Variationen gestört sein können.
  • Wenn Gradiometerdaten vorhanden sind, wird jetzt die Differenz der im vorherigen Schritt für beide Sonden berechneten Anomalien gebildet. Zur Rekonstruktion der Anomalie aus der so erhaltenen "Gradientenspur" stehen verschiedene Varianten zur Verfügung. Die "Integration" des Gradienten kann sowohl im räumlichen Bereich durch mehr oder weniger einfaches Aufsummieren der Differenzen erfolgen, als auch im Wellenzahlbereich nach vorheriger Fouriertransformation.
  • Wenn Variationsdaten einer Referenzstation vorhanden sind, werden diese im letzten Schritt zur Korrektur der Anomalien verwendet. Dabei wird meist durch entsprechende Filterung zwischen lang- und kurzwelligen Anteilen unterschieden. Z.B. wird beim Vorliegen von Gradiometerdaten normalerweise nur der kritische langwellige Teil der Variationen verwendet, während die kurzwelligen Teile besser durch die Gradientenbearbeitung beseitigt werden. In manchen Fällen lassen sich auch systematische Effekte ausnutzen, wie z.B. die breitenabhängige Amplitude der Variationen im Bereich des äquatorialen Elektojets, eines Ringstroms in der Ionosphäre, der beiderseits des magnetischen Äquators starke, aber relativ beständige Variationen verursacht.

Ein 'Leveling', d.h. die Ausgleichung von Kreuzungspunktfehlern, wie es z.B. bei aeromagnetischen Messungen üblich ist, und die Erstellung von Karten mit einer flächenhaften Darstellung der Anomalien, scheitert oft an den weit auseinander liegenden Profilen der Vermessungen. In einigen Fällen, wie z.B. vor Costa Rica, im nördlichen Arabischen Meer und vor Argentinien konnten aber auch magnetische Karten erstellt werden.

Weitere Informationen:

Link BGR besitzt Patent auf neuartiges Vektor-Gradientenmagnetometer

Kontakt

    
Dr. Bernd Schreckenberger
Tel.: +49-(0)511-643-2797
Fax: +49-(0)511-643-2304

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