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Fossilien erzählen Geschichten: Wie ein Sturm das Schicksal von 58 Seelilien besiegelte

Fossilien erzählen Geschichten: Wie ein Sturm das Schicksal von 58 Seelilien besiegelte, 18.06.2025

Anders als es der Name vermuten lässt, sind Seelilien keine Pflanzen, sondern Tiere. Wie Seeigel, Seesterne, Schlangensterne und Seegurken gehören Seelilien zu den Stachelhäutern – den Echinodermata. Unser aktuelles „Sammlungsobjekt des Quartals“ besteht gleich aus 58 versteinerten Meeresbewohnern dieser Gattung. Es handelt sich dabei um eine 165 Millionen Jahre alte Gesteinsplatte aus dem Mitteljura, die neben Seelilien auch noch eine Muschel enthält.
Die ca. 80 x 70 cm große Platte stammt aus einem Steinbruch nahe der Ortschaft Wallücke im nordrhein-westfälischen Teil des Wiehengebirges. Das Sammlungsobjekt ist in Bezug auf den Fundort, die Anzahl der einzelnen Seelilien und ihrer Erhaltung einzigartig. Wie andere Belegstücke der BGR-Sammlungen gibt auch die Platte einen Einblick in die Umweltbedingungen jener Zeit, als die Seelilien noch keine Fossilien, sondern lebender Bestandteil der damaligen Fauna waren und das Wiehengebirge noch zum Meeresgrund eines Ozeans gehörte. Zugleich erzählen die versteinerten Überreste aber auch ihre ganz eigene Geschichte, in dessen Mittelpunkt ein Ereignis stand, mit dem das Schicksal der damaligen Meeresbewohner untrennbar verbunden ist.
So befindet sich die im Sammlungsobjekt enthaltene Muschel – eine Auster der Art Gryphea dilatata – oben links auf der Platte. Zu sehen ist die gewölbte Seite der Auster. Normalerweise ist die Oberseite einer Auster flach, während die gewölbte Unterseite der Muschel eine stabile Lage im weichen Schlamm auf dem Meeresboden ermöglicht. Die Auster muss also gedreht worden sein. Was dazu geführt hat – etwa die starke Strömung oder der Einfluss eines anderen Meeresbewohners – lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls zeigt die Spitze der Muschel – der so genannte Wirbel – nach oben links. Das deutet darauf hin, dass die Auster nach ihrer Drehung durch die Meeresströmung eingeregelt wurde und zwar mit der „Spitze“ in die Richtung, aus der die Strömung kam.
Die gleiche Ausrichtung lässt sich auch an der Lage der Seelilien der Art Balanocrinus pentagonalis (Goldfuss, 1833) auf der Platte erkennen. Seelilien stehen – ähnlich wie Bäume – normalerweise senkrecht im Wasser, verwurzelt im Schlamm des Meeresbodens. Ebenso wie ein starker Sturm Bäume in eine Richtung knicken kann, werden auch Seelilien durch Meeresströmungen beeinflusst. In unserem Fall sind auch die Stiele der versteinerten Seelilien auf der Platte nach oben links ausgerichtet. Dies lässt den Rückschluss zu, dass vor 165 Millionen Jahren am Meeresgrund ein Strömungsereignis – wahrscheinlich ein Sturm – eingetreten sein muss, in deren Folge die Seelilien abgeknickt und mit Schlamm bedeckt wurden, was die Einbettung im Sediment und damit die spätere Versteinerung ermöglichte. So sind die Seelilien als komplettes Fossil mit mehreren, einzeln gut erkennbaren Stielgliedern erhalten geblieben.

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